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Das Cello ist erklungen! Michael Dartsch und Susanne Richter packen den Cellokasten

Der Cellokasten von Michael Dartsch und Susanne Richter - Cover„Sehr schön! Endlich hat es die auch erwischt!“ Das war, Hand auf´s Herz, mein erster Gedanke, als ich den „Cellokasten“ aufschlug … und ich bin sicher, dass etlichen Geigen-Eltern Ähnliches durch den Kopf gehen würde. Wir gönnen den Erziehungsberechtigten von Cello-Kindern herzlich, dass sie nun auch in den Genuss des zentralen Ohrwurms aus Michael Dartschs „Geigenkasten“ kommen: „Wir haben gesungen, die Geige ist erklungen …“

Für Nicht-Eingeweihte: das kleine, zweistimmige Lied ist ein schöner roter Faden, der sich durch den Geigen- und nun auch den Cellokasten hindurchzieht. Es erscheint an drei Stellen des Heftes und kann, so die Empfehlung, als Abschieds-Ritual am Ende jeder Unterrichtsstunde gesungen und/oder gespielt werden. Nach und nach erwirbt der Schüler die Fertigkeiten, beide Stimmen zu spielen – wächst hinein, spielt, was zuvor „nur“ gesungen wurde – und kann irgendwann sogar die Stimme mit dem Lehrer tauschen. Diese Vielseitigkeit und Offenheit ist ein zentraler Charakterzug des Konzepts, das der Saarbrücker Musikpädagoge Dartsch verfolgt.

Dass nun also auch das Cello erklungen sein wird, ist das Verdienst der jungen Cellistin Susanne Richter, die Heft 1 des 2004 erstmals veröffentlichten und überaus erfolgreichen Werks aus dem Hause Breitkopf & Härtel für Violoncello bearbeitet hat. Die Sammlung von kindgerechten Übungen ist damit auch für den Cello-Unterricht im Grundschulalter verfügbar, und versteht sich – wie ihre Vorlage – nicht als ein festes Curriculum, sondern als stringente Materialsammlung und „didaktischer Fundus“. Aus ihm kann der Lehrer schöpfen, wo immer es für die jeweilige Unterrichtssituation sinnvoll ist. Durch die didaktische Gliederung des Stoffes ist das Heft gut als Ergänzung zu anderen Schulwerken geeignet, begleitet aber auch freie Unterrichtskonzepte auf konstruktive Weise. Es ist diese Mischung aus Leitfaden und offenem Übungsangebot, die den praktischen Nutzen von Geigen- und Cellokasten ausmacht; ein Konzept, das der Unterrichtspraxis am Ende mehr zutraut als der Geschlossenheit theoretischer Entwürfe.

Dem entsprechend sind die Übungen in die konkrete Unterrichtssituation hinein geschrieben und eröffnen mehrere Handlungsoptionen, über die jeweils fokussierte spieltechnische oder musikalische Aufgabe hinaus. Manche Lieder eignen sich zudem für den Gruppenunterricht – und damit natürlich auch dazu, ein Vorspiel gemeinsam zu eröffnen und abzuschließen, inklusive Aufforderung an das Publikum, mitzusingen oder zu klatschen, falls, ja falls das Stück irgendwoher bekannt sein sollte … Die überschaubare, aber vielseitige und gut reflektierte Auswahl von Haltungs- und Bewegungsspielen ist hilfreich, um Kindern die wichtigsten körperlichen Grundlagen des Cellospiels zu erschließen und ggf. in Erinnerung zu rufen.

Dass die Übungen dabei deutlich über Detailfragen der Hand- und Fingerhaltung hinausgehen und den ganzen Körper einbeziehen, ist gerade für den Cello-Unterricht sehr zu begrüßen. Wie das empfohlene Singen der Übungsstücke zum Erlernen einer sicheren Intonation sinnvoll ist, so hilft auch das rhythmische Sprechen, Phänomene wie Takt und Notenwert zu erkunden. Hier bietet der Cellokasten einzelne Rhythmus-Wörter, aber auch die insgesamt sehr einfach gehaltenen Liedtexte an. Ausgangspunkt und Maßstab ist dabei der natürliche Sprechrhythmus, in lebensweltlichen Sujets wie Jahreszeiten und Festen. Das Erlernen der Notennamen als „Rüstzeug gemeinsam musizierender und kommunizierender Menschen“ geschieht sukzessive und wird durch Schreibübungen unterstützt. Locker eingestreute Informationen über das Violoncello, seine Geschichte, Bauweise usw. runden die Sammlung ab. Positiv zu vermerken ist schließlich, dass ein eigenes Kapitel Anregungen zur Improvisation gewidmet ist, die im Unterrichtsalltag oft ebenso sehr vernachlässigt wird wie sie der freien Bewegung auf dem Instrument zuträglich ist.

Erfreulich zurückhaltend und geschmackvoll illustriert lädt die kindgerechte Einrichtung dieses Cellokastens ein, die Grundlagen des Cellospiels zu erobern. Ein bewährtes Konzept hat den Sprung von der Geige zum Cello geschafft, im Sinne des bereits zitierten Schlussliedes: „Wir sehen uns bald wieder – und spielen neue Lieder!“

Michael Dartsch, Susanne Richter
Der Cellokasten
Breitkopf & Härtel, EB8817
ISMN: 979-0-004-18383-0
124 Seiten, 30,5 x 23 cm, 18,00 Euro

Author:

Nils-Christian Engel ist begeisterter Amateur-Cellist

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