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Die Form des Kontrabasses

Heute hat mich meine kleine Schülerin gefragt: Warum hat der Kontrabass so eine komische Form? Ich konnts ihr nicht sagen. Verläuft sich einer hier her der es mir sagen kann? Ich werd es ihr weitersagen 😎

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Studentin in Weimar - Interessen: Reiten, lesen, Bratsche spielen

4 Comments Write a comment

  1. Du meinst die merkwürdig abfallenden “Schultern”? Die haben m. E. einen praktischen Grund. Stell Dich mal hinter einen Bass und versuch in oberen Lagen zu spielen, da wird der Unterschied spürbar 😉 Man sagt, dass der Kontrabass ein Zwischending zwischen Gamben- und Violinfamilie ist, eben weil er sozusagen eine Bass-Violine mit Gambenschultern ist. Ist das eine Antwort für Deine Kleine? Wie alt ist die nochmal? 😉

  2. Hi kolopfono!

    Ich hoffe, daß mein allererster Beitrag hier nicht als “necrothread” eingestuft wird, aber ich möchte doch noch einige Anmerkungen hinzufügen.

    Die abfallenden Schultern bei Gamben wurden – nebst ästehischen Gründen – zunächst mal realisiert um den “freien” Hals möglichst kurz zu halten, also eine größtmögliche Steifigkeit zu gewähren. Bundiert sind Gamben bis zum siebten “Bund”, also bis zur Quinte der Leersaiten. Ohne Schulter wären zwei Bünde mehr möglich, aber dies war nachrangig. Daß sich diese Bauweise später bei dem Violone b.z.w. Kontrabaß beim Spiel in den Daumenlagen als vorteilhaft erwies war wohl Zufall, fügte sich aber trefflich!

    Nun gibt es aber noch zwei weitere Kriterien, die den den Kontrabaß mehr den Gamben als den “Quintstimmern” (Geige, Viola, Cello) zugehörig erscheinen lassen. Da ist zunächst mal die Korpusform an sich. Vier (!) Korpusformen sind üblich, nämlich die Geigenform, Busettoform, Birnenform und – am häufigsten anzutreffen – eben die Gambenform. Bei letzterer laufen die Kanten am Mittelbug nicht spitz – wie bei Geigen und deren Verwandten – sondern stumpf wie bei der Gambe aus, auch heute noch. Siehe z.B. die Webseiten bei Pöllmann oder Wikipedia zum Kontrabass. Des weiteren werden die Instrumentenböden von Kontrabässen – zumindest von guten – zumeist “flach mit Knick” ausgeführt wie bei Gamben, nicht gewölbt wie bei Violinen und deren Verwandten. Auch, wie schon erwähnt, die Quartstimmung oder Terz/Quartstimmung bei Kontrabässen (Wiener Stimmung, 5-Saiter Stimmung mit Kontra C) verweist mehr auf das Gamben- als Violinerbe – auch wenn dies nun keine Äußerlichkeit sein mag.

    Natürlich – Beim Baß gibt es immer und überall Überraschungen, man schaue sich nur den Baß aus dem ersten Thread hier an: Zargengestaltung wie bei der Gambe, aber ohne Schulter. Dazu eine Größe, die mehr einem “halben” Instrument entspricht (3/4 – Standardgröße – ca. 185 cm, 4/4 ab ca. 195 cm).

    Das mag alles etwas “speziell” sein und wenig übersichtlich. Aber genau das macht das Instrument – neben seinem Klang – so ungemein interessant und ist ein endloses Experimentierfeld für die besten Baßbauer – seit fast 500 Jahren!

    Bei Geigen ist die Formgebung klar, mehr oder weniger sieht doch heute alles nach Stradivari aus. Dieser hat nachweislich auch fünf Kontrabässe gebaut, damit aber keinen Standard festgelegt. Und das ist auch gut so, bietet es doch den weltbesten Baßbauern bis heute – und wohl noch bis weit, sehr weit in die Zukunft – ein im (wahrsten Sinne!) unermeßliches Spielfeld zur Annäherung an ein Ideal. Das Gegenteil von “ideal” ist real, auch wenn’s manchmal “komisch” aussieht, nicht nur in Kinderaugen.

    Grüße

    Thomas

    P.S. Ein weiterer Bezug zum Gambenspiel: Bei der nicht nur im deutschsprachigen Raum verbreiteten sog. “deutschen” Bogenhaltung wird der Bogen im Untergriff gehalten, bei der “französischen” Bogenhaltung im Obergriff wie bei den Quintstimmern.

  3. @Baßverspielter Ich hoffe, daß mein allererster Beitrag hier nicht als “necrothread” eingestuft wird

    Aber nicht doch! Vielen Dank für die interessanten Ausführungen – und herzlich willkommen bei violinorum.de! 🙂

  4. Vielen Dank, Admin!

    Daß man auch ganz anderer Ansicht zur Formenvielfalt bei Bässen sein kann als ich zeigt ein Artikel, der vor ca. 90 Jahren geschrieben wurde und auf den ich gerade zufällig (mal wieder) stieß. Wie sehr meine Vorstellung vom Baß von der des Autors abweicht zeigt sich auch darin, daß ich bevorzugt große 5-Saiter spiele… Daher der Vollständigkeit halber eine ganz andere – vergnüglich zu lesende – Betrachtungsweise: http://www.bassweb.ch/praxis/texte/laska-willkuehr.htm .

    Grüße

    Thomas

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